[text aus der Studienzeit]
Er kämpft mit dem Schwert der Liebe, um seine Angebetete.
Seine Rüstung glänzt vor Erwartung – poliert mit Seide – um bereit zu sein für eine neue Liebe. Seine Füße sind ungeduldig und zappelig, wenn er weiß, dass sein Fräulein ihn empfangen will.
Seine Hände, die viele Taten vollbracht – stets mutig und einsatzbereit – erzittern, in Anbetracht der Schönheit seiner Herrscherin.
Darf er sie berühren? Schweiß dringt aus allen Poren seiner Haut, alleine in Gedanken an sie.
Sein Gesicht ist entspannt, freudig, aber dennoch fühlt er sich unwohl.
Wie wird sie reagieren, wenn er ihr seine Liebe bekennt?
Seine Augen strahlen pures Glück aus – dennoch sind sie glasig vor möglichem Schmerz, der ihm zugefügt werden könnte.
Gegürtet mit dem Schwert, gerüstet für den Kampf, ist er, und trotzdem nicht bereit für die Schlacht um seine Höchste und Liebste.
Sein Ehrgeiz trieb ihn in die Frauenkemenate, wo ein Mann nie sein darf.
Die Türe öffnend, erblickt er viele Schönheiten, nur eine überleuchtet und überstrahlt alle mit ihrem Lächeln, ihrer Wärme und ihrer Liebe. Seine Liebe.
Sie steht auf und machte einen Schritt zur Seite, vorbei am wärmenden Feuer des Raumes.
Sein Herz pocht, er wagt es kaum zu atmen.
Alle müssen es hören, seine Ungeduld, seine Hoffnung.
Spannung erfüllt das Zimmer. Die Damen staunen mit offenem Mund von Ritter zu Prinzessin.
Ihre Blicke sagen mehr als 1000 Worte.
Sie zwinkert ihren Helden an, er lächelt ihr zu, wird aber sogleich von hinten gepackt – vier starke Hände ergreifen ihn – und weggezerrt.
Er ist unfähig zu kämpfen, schreit nur zu seiner Liebsten. Die tritt aus dem Schatten der Kemenate und berührt mit ihrem Finger seinen Mund.
„Still.“ Die Wächter bleiben stehen – ergriffen von ihrer Schönheit – lassen ihn los.
Unwissend was nun passiert – taumelt der Erlöste und bleibt wie angewurzelt stehen.
Zwei Blicke verschmelzen ineinander und die Zeit steht still.
Sie ergreift seine Hand und sieht somit seine geschlagenen Taten.
Wunden, die verheilt und dennoch da.
Sein Herz glüht vor Erregung, er umfasst ihre Hand und streicht sanft über ihre glatten, dünnen Finger.
Sie bewundert seine Stattlichkeit, seinen Starkmut und seine Ritterlichkeit und lächelt ihn überglücklich an.
Aus beider Augen sprühen Funken, die trockenes Stroh entzünden könnten.
Ihre Herzen sind bereits in Flammen.
Was dürfen sie tun? Ein Kuss?
Sämtliche Augenpaare starren noch immer wie gebannt auf das Paar.
„Küsst euch doch endlich“, vermeint man daraus zu lesen.
Doch die beiden drehen sich voneinander weg, sich zuzwinkernd trennen sie sich - ohne sich nochmals umzudrehen... werden sie sich jemals wiedersehen?
Copyright: Verena Grafinger (Schnitzhofer), 18. 1. 2002